1. Die Stille vor der nächsten Welle
Wir spüren, dass sich etwas verändert.
Nicht laut, nicht plötzlich – sondern leise, unter der Oberfläche.
Ein Gefühl, dass die Welt, wie wir sie kannten, in eine Richtung driftet,
in der Menschen, Orte und Bedeutungen sich auflösen in Daten,
in der Bequemlichkeit langsam die Sprache verschluckt.
Viele von uns können es nicht benennen,
aber wir fühlen diese Müdigkeit, die von zu vielen Bildschirmen kommt,
von Entscheidungen, die wir nicht mehr selbst treffen,
von Systemen, die uns die Verantwortung abnehmen – und damit auch die Freiheit.
Wir leben in einem Zeitalter,
in dem alles jederzeit erreichbar scheint – außer Nähe, Vertrauen und Sinn.
2. Wir haben mehr abgegeben, als wir dachten
Lange dachten wir, Digitalisierung bedeute Fortschritt.
Doch wir haben nicht bemerkt,
dass wir mit jedem Klick auch ein Stück Souveränität verschenken.
Wir haben den Komfort gewählt – und damit die Kontrolle verloren.
Heute gehören die Wege, auf denen wir denken, kommunizieren und uns zeigen,
einigen wenigen Systemen, die alles übersetzen, was wir sind.
Unsere Kultur, unsere Gespräche, unsere Erinnerungen – alles wird verwaltet,
verdichtet, bewertet, verkauft.
Doch wir sind keine Datensätze.
Wir sind Menschen,
und unsere Bedeutung kann man nicht berechnen.
3. Worpswede als Raum des Vertrauens
Hier, in Worpswede, wo Kunst immer ein Gegenentwurf war,
beginnt etwas Neues: kein Protest, sondern ein Aufwachen.
Wir wollen wieder erleben, was es heißt,
in Gemeinschaft zu denken, zu fühlen, zu schaffen.
Kunst ist nicht nur ein Bild an der Wand,
sie ist die Sprache, mit der Menschen sich selbst verstehen.
Wenn wir Kunst, Technik und Gemeinsinn verbinden,
können wir eine neue Form von Kultur schaffen – eine,
in der Technologie nicht über uns entscheidet,
sondern uns miteinander verbindet.
Darum nennen wir es Digital Commons:
gemeinsames Wissen, gemeinsame Verantwortung,
gemeinsame Zukunft.
4. Ein Modell aus Vertrauen, Technik und Kultur
Wir können hier, mit den Mitteln, die wir haben,
eine Keimzelle bauen:
eine kleine, offene Struktur,
getragen von Menschen, die glauben,
dass Sinn wichtiger ist als Effizienz.
Ein Netzwerk aus Künstlern, Lehrern, Handwerkern,
aus Menschen, die ihre Erfahrungen, Geschichten und Daten
nicht abgeben, sondern teilen wollen – untereinander,
frei, respektvoll, sicher.
Eine Plattform aus Vertrauen:
technisch unabhängig, kulturell verankert,
geführt von einer Idee, nicht von einem Algorithmus.
Die Galerie, die Schule, das Atelier, die Küche – das sind unsere Serverräume.
Der Dialog ist unsere Cloud.
Jedes Gespräch, jedes Werk, jede Begegnung
ist ein Datenpunkt in einem neuen, menschlichen Netz.
5. Kein Kampf, sondern ein Weckruf
Unsere Bewegung beginnt nicht mit einem Parteiprogramm,
sondern mit einem Gefühl:
dass wir Verantwortung zurückholen wollen.
Wir treten nicht an, um zu regieren,
sondern um sichtbar zu machen,
dass eine andere Haltung möglich ist –
eine Haltung, die auf Vertrauen, Offenheit und Schönheit gründet.
Kein Ziel, sondern ein Fenster:
eine Gelegenheit, öffentlich zu zeigen,
dass Kultur mehr sein kann als Dekoration,
dass sie Rückgrat sein kann einer Gesellschaft,
die sich nicht mehr aus der Ferne erklären lässt.
6. Die Einladung
Wir laden Menschen ein, die spüren,
dass etwas im Inneren ruft – ein Wunsch nach Echtheit,
nach neuen Wegen, nach Sinn.
Menschen, die nicht nur reden,
sondern bereit sind, einen Stein zu tragen,
eine Idee zu teilen, einen Raum zu öffnen,
einen Ort zu bauen, der Vertrauen ausstrahlt.
Wir brauchen keine großen Systeme.
Wir brauchen Mut, Wärme, Geduld,
und die Entschlossenheit,
wieder miteinander zu handeln,
statt auf Antworten von oben zu warten.
Worpswede kann wieder ein Ort werden,
an dem Gesellschaft sich selbst erfindet – nicht durch Gesetze,
sondern durch Haltung.
Wir beginnen hier.
Mit offenen Händen.
Mit Kunst als Werkzeug.
Mit Menschen als Medium.
Mit Vertrauen als Infrastruktur.
WorpswedeNEXT!* – Digital Commons – Manifesto for Cultural Sovereignty
1. The silence before the next wave
We sense that something is changing.
Not loudly, not suddenly – but quietly, beneath the surface.
A feeling that the world as we knew it is drifting in a direction
where people, places, and meanings dissolve into data,
where convenience slowly swallows language.
Many of us cannot put our finger on it,
but we feel this fatigue that comes from too many screens,
from decisions we no longer make ourselves,
from systems that take away our responsibility – and with it, our freedom.
We live in an age
where everything seems accessible at all times – except closeness, trust, and meaning.
2. We have given up more than we thought
For a long time, we thought digitalization meant progress.
But we didn’t notice
that with every click, we were also giving away a piece of our sovereignty.
We chose convenience – and lost control in the process.
Today, the ways in which we think, communicate, and present ourselves
belong to a few systems that translate everything we are.
Our culture, our conversations, our memories—everything is managed,
condensed, evaluated, sold.
But we are not data sets.
We are human beings,
and our significance cannot be calculated.
3. Worpswede as a space of trust
Here in Worpswede, where art has always been a counter-concept,
something new is beginning: not a protest, but an awakening.
We want to experience again what it means
to think, feel, and create in community.
Art is not just a picture on the wall;
it is the language with which people understand themselves.
When we combine art, technology, and community spirit,
we can create a new form of culture—one
in which technology does not decide for us,
but connects us with each other.
That’s why we call it Digital Commons:
shared knowledge, shared responsibility,
shared future.
4. A model based on trust, technology, and culture
Here, with the resources we have, we can
build a nucleus:
a small, open structure
supported by people who believe
that meaning is more important than efficiency.
A network of artists, teachers, craftspeople,
people who don’t want to give away their experiences, stories, and data
but want to share them—with each other,
freely, respectfully, securely.
A platform built on trust:
technically independent, culturally anchored,
guided by an idea, not an algorithm.
The gallery, the school, the studio, the kitchen—these are our server rooms.
Dialogue is our cloud.
Every conversation, every work, every encounter
is a data point in a new, human network.
5. Not a fight, but a wake-up call
Our movement does not begin with a party program,
but with a feeling:
that we want to take back responsibility.
We are not stepping up to govern,
but to make visible
that a different attitude is possible—
an attitude based on trust, openness, and beauty.
Not a goal, but a window:
an opportunity to show publicly
that culture can be more than decoration,
that it can be the backbone of a society
that can no longer be explained from a distance.
6. The invitation
We invite people who feel
that something is calling inside them—a desire for authenticity,
for new paths, for meaning.
People who don’t just talk,
but are willing to carry a stone,
share an idea, open a space,
build a place that radiates trust.
We don’t need big systems.
We need courage, warmth, patience,
and the determination
to act together again
instead of waiting for answers from above.
Worpswede can once again become a place
where society reinvents itself – not through laws,
but through attitude.
We start here.
With open hands.
With art as a tool.
With people as a medium.
With trust as infrastructure.
